Sonntag, 10 Uhr. Zu allem entschlossen fahre ich zu meinem Kumpel Marc und hole ihn ab. Es gibt nur ein Ziel: die heiligen Hallen in Maranello.
Ca. 2.500km liegen vor uns und meiner Diva. Mit dem 360 spider geht es zunächst bis Stuttgart, Zwischenstop bei Bekannten von Marc.
Unterwegs hatten wir immer wieder freundliche Begegnungen mit anderen Autofahrern. Mal wurde uns gewunken, dann sahen wir immer wieder
Handykameras auf uns gerichtet und immer wieder dieselbe Geste, der hochgereckte Daumen. Die lustigste Begegnung hatten wir allerdings im
Raum Karlsruhe. Ich schlich gemütlich mit 140 auf der rechten Spur dahin, als sich im Zeitlupentempo ein schwarzer Corsa aus Heidelberg auf
der mittleren Spur näherte. 3 Frauen (Anfang/Mitte 20) versuchten sich an uns vorbeizuschieben und hatten einen riesigen Spaß im Auto. Alle 3
machten Gesten, als wollten sie durch Rudern das Auto beschleunigen. Ok, machen wir den Spaß mit. Mit einer kopfstreichelnden Geste machte
ich dem Corsa Mut und ließ sie für 5 Sekunden vorbei, um sie dann kurz drauf zu überholen und gleich wieder gemütlich weiterzutuckern. Aber
die 3 waren echt ehrgeizig und kamen mit superman-gleich ausgestreckten Armen wieder an uns vorbei. Ein Bild für die Götter. Den Dreien und
auch Marc und mir kullerten schon die Tränen vor Spaß. Das Ganze zog sich dann gute 6-8 Kilometer hin. Schöne Grüße nochmal von hier aus
an die Drei. Ich habe selten soviel Comedy auf der Autobahn erlebt :-)
Die weitere Fahrt über Stuttgart bis Weggis am
Vierwaldstättersee verlief recht unspektakulär. Auf die
Diva ist halt Verlaß. Einziger Ausfall an dem Tag war
der Aufrollmechanismus der Sicherheitsgurtes auf
der Beifahrerseite.Abends noch kurz etwas gegessen
und dann ins Hotel Schweizerhof in Weggis. Das
Hotel selber ist recht klassisch, aber gemütlich.
Montag
Nach einem reichhaltigen Frühstück habe ich wegen
des Gurtes kurz bei Eberlein angerufen. Herr Kunz
sagte mir, ich sollte ruhig mal am Werk probieren, ob
mir evtl. jemand aus der Classiche-Abteilung helfen
könne. Im Zweifel wäre schräg gegenüber noch Toni
Auto, die würden sicherlich kurz nachsehen. Also
gaaanz piano durch die Schweiz nach Italien. 18 km
Gotthard-Tunnel mit einem Capristo-Auspuff im
Nacken haben ihren besonderen Reiz :D In der
Schweiz boten sich ähnliche Ereignisse, wie schon
auf den deutschen Straßen. Man wurde überall
freundlich gegrüsst und man konnte lächelnde
Gesichter an den Straßen sehen. Ich finde es
faszinierend, was ein Auto auslösen kann.
Am späten nachmittag kamen wir dann in Maranello
an. Die Diva war an ihrer Geburtsstätte und ich hatte
irgendwie ein besonders breites Grinsen im Gesicht.
Überall Ferrari. Das muss das Paradies sein.
Aber wir waren noch nicht am Ziel, ab zum Werk und
um Hilfe bitten. Die Dame am Empfang kümmerte
sich um unser Problem und rief einen deutschsprachigen Techniker aus dem Werk. Der schaute sich kurz den Gurt an und ging telefonieren. Das
Werk selber konnte nicht helfen, aber er hat uns schon einen Termin bei der Motor S.p.A in Modena gemacht. Man würde auf uns warten. Wow,
das fand ich riesig.
Zur Motor S.p.A waren es knapp 20km und man erwartete uns da tatsächlich schon. Herr Barbieri nahm sich unseres Problems an und wir
konnten in aller Ruhe durch die Hallen schlendern. 2 F40, 1 F50, diverse 355, 360 und ein Dino waren gerade zur Wartung/Reparatur da. Und
was stand ganz hinten im Regal?? Ein Karton mit der Aufschrift „Capristo“. Da stand mal wieder fest, Tony und Ferrari gehören einfach
zusammen.
Nach gerademal 3 Minuten bekamen wir das Auto wieder und durften weiterfahren. Der Gurt war einfach nur zu weit rausgezogen und hatte
geklemmt.
Danach ging es ins Hotel Arthur in Maranello (danke nochmal an Frank für den Tip). Beim Betreten der Lobby hat man das Gefühl, Enzo selber
hätte das Haus eingerichtet. Ferrari soweit man sehen kann und das Highlight war ein F1-Simulatur mit hydraulischer Bewegung des Sitzes. Das
Abendprogramm stand fest. :D :-)
Kurz zum Duschen aufs Zimmer und dann ab in den Sim. Mit 25 Euro für 15 Minuten nicht günstig, aber Pflicht. Das Ding macht einfach nur
einen Heidenspaß. Beim Bremsen taucht man vorne richtig ein und in den Kurven hat man das Gefühl, aus dem Sitz zu fliegen. Abschließend
noch kurz die italienische Küche geniessen und danach nur noch dem Tag der Tage entgegenfiebern.
Dienstag
Heute ist es soweit. Das Werk ruft. Aber leider erst um 14.30 Uhr und Marc war krank. Der wird doch wohl nicht.....Ich bin dann erstmal alleine
los. Ab nach Fiorano. In einer der beiden Sackgassen, nahe der Zufahrt, habe ich dann gelauert. Und ich wurde nicht enttäuscht. Kreischend
näherte sich einer der beiden F1-Dreisitzer der Spitzkehre. Mir standen die Haare zu Berge. Was für eine Geräuschkulisse zwischen den
Häusern und Gewerbehallen.....HAMMEEEEEEER. 4 Runden drehte er, danach kamen 458 und 599 vorbei, bis erstmal kurzfristig Ruhe war. Also
ab ins Auto und hoch in die „Berge“ rund um Maranello. „Oben“ angekommen hatte ich einen herrlichen Blick über Maranello und es breitete sich
wieder das F1-Gebrüll über das gesamte Tal aus. Hossa, noch schöner konnte es bald nicht werden.
Ich bin dann nochmal wieder nach Fiorano runter und habe nochmal an der Strecke gelauert. Da kam ein älterer Herr mit seinem Enkel vorbei
und er zeigte dem Kleinen die ganze Zeit nur mein Auto. „La Ferrari, guarda la Ferrari“. Ich habe schon viel über die Begeisterung der Italiener für
Ferrari gelesen und gehört, aber das ausgerechnet in Maranello ein älterer Ferrari noch solche Begeisterung auslöst, war für mich faszinierend.
Dann kam der Zeitpunkt der Wahrheit, die Werksbesichtigung. Kurz zum Hotel um Marc abzuholen und dann an der Galeria zum Treffpunkt.
Mit uns Beiden waren noch weitere 11 Besucher aus der Schweiz in der Gruppe.
Am Empfang der Galeria wurden uns erstmal die Badges für Gäste und die Audioguides ausgegeben und wir gingen in einen separaten Raum,
um etwas zu trinken und nebenbei einen Kurzfilm über die Formula Uomo zu schauen. Anschließend blieben uns 30 Minuten für einen kurzen
Rundgang durch die Galeria. Was mich in der Tat erschüttert hat, das die älteren Exponate teilweise erhebliche Rostschäden aufwiesen. Das tat
mir doch in der Seele weh. Genauso das Verhalten einiger Besucher, die Autos anzutatschen und sich gepflegt dagegen zu lehnen, um ein Foto
zu machen. Sorry, aber sowas geht gar nicht.
Nach der Galeria ging es mit dem Bus zum Werk. Und durch das heilige Portal, das man aus allen Zeitschriften kennt. Ein absolut spannendes
Gefühl. Die Tour startete mit der Besichtigung der Motorenfertigung. Also da hätte ich wirklich keine Probleme eine Pizza vom Boden zu essen.
Hightech vom Allerfeinsten und eine wirklich entspannte Atmosphäre. Schmunzeln musste ich jedoch, als ich an der Wand ein Bild sah, das einen
360 spyder zeigte. Ja weiß Ferrari denn nicht selber, wie sie ihre Fahrzeuge tauften? ;-) Innerhalb der Fertigung stehen immer wieder ältere und
aktuelle Modelle herum. Dies ist Teil der Formula Uomo und soll den Werkern zeigen, dass sie nicht nur Motoren fertigen, sondern Teil der
Fertigung eines ganzen Autos sind. Die Idee fand ich echt gut. Aber auch hier war ich über den teilweise schlechten Zustand der Fahrzeuge
überrascht. Innerhalb des Werkes war fotografieren leider nicht erlaubt :-( Die Apparate wurden uns zuvor schon im Bus abgenommen.
Schaaaaaade. Unsere Führung musste leider anders durchgeführt werden, als es sonst Standard ist. Die Lackiererei und die V8-
Fahrzeugmontage war für uns tabu. Warum war mir klar und das wurde mir auch vom Guide bestätigt: der 458 spider wird bereits gefertigt und
daher war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Leider haben wir das Fahrzeug nirgendwo zu Gesicht bekommen.
In der V12-Montage waren einige 599GTO, FF, 458 challenge und normale 458 zu sehen. Die V8 können auch in der V12-Etage
zusammengebaut werden. Es gibt 35 Fertigungsstationen und an jeder Station verweilen die Fahrzeuge eine Stunde, bevor das Band
weitergetaktet wird. Mit absoluter Konzentration und doch einem leichten Lächeln auf den Lippen werkelten die Techniker vor sich hin. Ich war
zwar schon beim Daimler, bei BMW und Co im Werk, aber ich hatte das Gefühl, das hier ist was Besonderes. Hier entsteht nicht nur ein Auto.
Hier entsteht eine Legende, ein Mythos. Und ich war schon stolz an der Geburtsstätte meiner beiden Diven zu sein. Hier kommen sie her. Hier
hat einer der Techniker zum ersten Mal ihr Herz zum Schlagen gebracht, ihnen das erste Brabbeln entlockt und sie getätschelt. (ist das eigentlich
bekloppt, was ich gerade schreibe? Egal, so fühlte ich mich halt)
Nachdem aus dem Guide den Grund für das Besichtigungsverbot der V8-Fertigung entlockt hatte, durfte ich nicht mehr ohne Begleitung mit dem
Aufzug nach unten fahren :-) Ich muß wohl einen recht neugierigen Eindruck hinterlassen haben :-)
Als Ausgleich, das wir die Lackiererei nicht sehen konnte, hab es einen viiiiiel besseren Bereich, zu dem wir fuhren....Corse clienti. Das
Spielzimmer der Superreichen. Mit dem Bus ging es zur Scuderia und wir wurden direkt zwischen den ganzen Millionen rausgelassen. Im Herzen
von Fiorano, nur ca. 150m von Enzos Wohnhaus entfernt durften wir ins Heiligste. In der linken Halle befanden sich vier FXX und einige, ich
schätze 20, 599XX. Wahoooo, wer hier sein Spielzeug parkt weiß wirklich nicht mehr wohin mit dem Geld. In der Halle gegenüber befanden sich
die F1-Boliden vergangener Zeit, die von Privatleuten ersteigert wurden. 2 Jahre nach Ende einer Saison können die F1-Fahrzeuge ersteigert
werden. Startgebot 1 Mio. €. Das teuerste, je versteigerte Fahrzeug war Schumis F1 aus dem Jahr 2004, mit dem er den siebten Titel holte. Der
Zuschlag wurde bei 2,7 Mio. € gegeben.
Eine gehörige Portion Geld, wie für alle übrigen Corse Clienti-Fahrzeuge auch, nur um mal ab und zu auf dem gemieteten Track in Fiorano ein
paar Runden zu drehen.
In der Halle standen auch die beiden Dreisitzer, die für Philip Morris angefertigt wurden.
Zum Abschluß der Tour gab es als Erinnerung noch eine DVD und einen Besichtigungspass, den man sich abstempeln lassen kann, wenn man
das Werk wieder mal besichtigt. Und für mich steht fest: ich komme wieder.
Voller Eindrücke zurück zum Hotel und noch völlig fasziniert zum Abendessen. Was für ein Tag. Schöner war nur meine zweite Hochzeit und die
Geburt meines Sohnes :-)
Mittwoch
Irgendwie immer noch benommen von den Eindrücken ging es auf den Heimweg. Mit einem Abstecher über Bergamo (ich musste noch kurz
arbeiten) ging es über Österreich nach Kochel am See in Bayern.
In Italien hatten wir noch ein paar beeindruckende Momente. Als wir im Stau standen forderte uns ein LKW-Fahrer auf, doch mal den Motor
aufheulen zu lassen. Den Wunsch haben wir ihm doch gerne erfüllt. Daraufhin startete um uns herum ein Hupkonzert der umliegenden
Autofahrer, wie ich es nur kenne, wenn Italien die Fußball-WM gewinnt. Ich war von den Socken.
In einem Vorort von Bergamo fuhren wir gemütlich durch die Straße als ein älterer Herr den Gut vor dem Auto zog. Und immer wieder hörte man
Kinder „Ferrari“ rufen.
Das waren so richtig schöne italienische Momente.
Bei der Rückreise durch Österreich kam dann der Knaller....es schneite *eeeks* Wir waren im T-Shirt los und mussten auf einmal beim Tanken
schnattern. Im Hotel Alpenhof Postillion schaute man uns auch ziemlich mitleidig an.
Donnerstag
Der Donnerstag war eigentlich nur noch gemütliche Rückfahrt über München, Nürnberg zurück ins Ruhrgebiet.
Fazit: eine Tour, die man als Ferraristi machen MUSS. Wir sind ca. 2500km gefahren und hatten jeden Kilometer Spaß und jede Menge
beeindruckende, bewegende und faszinierende Momente. Auch wenn die Werksführung denen andere Hersteller irgendwie gleicht, ist es doch
etwas besonderes. Man hat auch als Gast bei Ferrari das Gefühl Teil des Mythos zu sein und man spürt den Mythos bei den Mitarbeitern, die
nicht nur bei Ferrari arbeiten, sondern Ferrari leben und lieben.
Nochmal ganz herzlichen Dank an alle, die uns auf der Tour zu den vielen unvergesslichen Momenten verholfen haben.
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